
Benjamin: 2014 kam ich als Banker nach Panama. Ich habe in der Vermögensverwaltung für lateinamerikanische Kunden gearbeitet. Dabei merkte ich, dass ich immer unzufriedener wurde – obwohl ich finanziell trotz meines jungen Alters schon alles erreicht hatte und in einer Traumwohnung am Meer wohnte. Es ging ständig nur um den Return, um noch mehr Geld. Dennoch sah ich lange keinen Ausweg. Bis ich entschied, Veränderungen an meiner Wohnung vorzunehmen und damit den chilenischen Künstler Christian beauftragte. Er stammt aus einem Ghetto, lebte lange Zeit von der Hand in den Mund, doch im Gegensatz zu mir gab er seinem Leben einen Sinn – durch seine Kunst. Ich wollte schon damals raus, irgendwas anderes machen, aber ich hatte Angst vor dem Verlust von Ansehen und Sicherheit. Ich wollte meinen Lebensstandard nicht ganz verlieren und eine echte Alternative finden. Das tat ich, als Christian und ich beschlossen, ein Haus im Dschungel zu eröffnen – die Casa Selva, wo Künstler willkommen sein würden und auch ich versuchen würde, mich künstlerisch auszuleben. Ich habe meinen Job gekündigt, und heute fühle ich mich frei. Ich weiß nicht, was die Zukunft bringt, aber zumindest bin ich auf dem richtigen Weg.
Severin: Ich kannte meinen Cousin kaum, er galt immer als der erfolgreiche Banker der Familie. Aus Neugier nahm ich Kontakt zu ihm auf, als er nach Panama zog. Ich selbst hatte in der Schweiz eine Lehre als Metallbauer begonnen, aber meinen Platz im Leben auch noch nicht richtig gefunden. März 2017 flog ich zu Benjamin. Christian inspirierte auch mich, meine Ideen künstlerisch umzusetzen und wir arbeiteten an ersten gemeinsamen Projekten. Bis ich immer mehr eigene entwickelte. Unser Themenschwerpunkt liegt auf Geld. Es geht um das System, um Schein und Sein. Und ums Aussteigen oder Ausbrechen. Zum Beispiel habe ich einen Stein gewordenen Menschen geschaffen. Einen gesichtslosen Körper im Anzug, wozu ich ein altes Jackett von Benjamin genommen habe. Der metallene Anzugträger hält ein lächelndes Gesicht in der Hand, und je weiter man sich nähert, desto mehr Gesichter erkennt man hinter der geöffneten Jacke. Schmollend, verzweifelt, erstaunt, ernst. Die vielen Masken, die ein Mensch in sich trägt, doch nur eine wird öffentlich zur Schau gestellt. Meist das Lächeln. Ich bin ganz frei, genau das zu schaffen, was mir in den Sinn kommt. Was könnte es Schöneres geben?