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Laura
Reisen bedeutet für mich Freiheit und Unabhängig …
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Wenn der Flieger 28 Stunden zu spät abhebt – Ein Erfahrungsbericht
Die Koffer sind verladen, das Boarding completed und dann passiert es: Das Flugzeug ist defekt und kann nicht starten. Auf was muss man sich in so einem Fall einstellen? Und welche Rechte habe ich als Passagier? Ich habe die Prozedur (unfreiwillig) für Euch durchgemacht und kann eines vorwegnehmen: Wer langsam geht, kommt auch ans Ziel.
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Ratgeber zum Thema
Wenn die Reise nicht nach Plan verläuft: Das sind deine Rechte
Der Schock
Mittwoch, 9 Uhr, Landung in Köln. Die planmäßige Abflugzeit in Richtung Kuba: 14 Uhr. Die Stimmung am Gate: Eine Mischung aus Vorfreude und Abenteuerlust. Noch. Kaum saßen wir im Flugzeug, brach schon die erste Welle der Unzufriedenheit unter den Passagieren aus.
Die Maschine, in der wir nach Varadero fliegen sollten, schien, um es mal nett auszudrücken, nicht auf dem neusten Stand zu sein. So war beispielsweise vorne ein einzelner uralter Fernseher für alle Reihen angebracht. Wir fragten uns lachend, wer denn dann das Entertainment-Paket zahlen müsse. Einige Passagiere, die „Comfort“-Sitze bezahlt hatten, nun aber in den gleichen „Kein-Comfort“-Sitzen wie wir eingepfercht waren, schienen dort klaustrophobische Anfälle zu bekommen. Der erste große Zorn prasselte auf die Mitarbeiter der Fluggesellschaft ein.
Die Nerven hätten sie sich getrost sparen können, denn es wurde ein Defekt an der hinteren Tür festgestellt, sodass alle aus der „schrottigen Sardinenbüchse“, wie es ein Wutpassagier so schön formulierte, wieder hinaus dirigiert wurden.
Das Warten
Zurück im Wartebereich holten sich viele erst mal ein Bier, um die Hiobsbotschaft besser verkraften zu können. Aus einem wurden drei oder vier, denn im 1-Stunden-Takt wurde uns mitgeteilt, dass sich die Behebung des Problems um eine weitere Stunde verschieben würde. Die Emotionen kochten bei einigen Passagieren schnell hoch und man hätte zwischenzeitlich meinen können, man reise mit einer Gruppe Hooligans. In der Haut der Mitarbeiterin, die als Sprachrohr von Eurowings fungierte, wollte ich auf jeden Fall nicht stecken. Das Problem war sicherlich, dass keine klare Ansage vonseiten der Fluggesellschaft gemacht wurde. Stattdessen wurden wir ständig mit vagen Formulierungen und später mit (uns gesetzlich zustehenden) Verpflegungsgutscheinen vertröstet. Diese Ungewissheit machte den Menschen, die ja eigentlich auf dem Luftweg in ihren Entspannungsurlaub sein sollten, verständlicherweise zu schaffen.
Nach einiger Zeit verteilte die Fluggesellschaft Info-Broschüren zu den Fluggastrechten und es dauerte nicht lange, bis Werber auftauchten und Flyer für den professionellen Rechtsbeistand bei der Zahlungseinforderung verteilten. Wir unterhielten uns mit Mitreisenden, von denen einige schon öfter mit Verspätungen zu kämpfen hatten, und erhielten den Tipp: Fotos machen und alle Dokumente, von Info-Broschüre bis Bordkarten, gut aufbewahren.
Die Luxus-Unterbringung
Nach fünf Stunden wurden wir endlich aus der Warte-Folter erlöst. Und wer hätte es gedacht, die Maschine blieb auf Kölner Boden. Die Aufforderung war nun, das eingecheckte Gepäck vom Band zu holen und anschließend im Pulk zum Schalter zu gehen, wo uns ein Taxi- und Hotelgutschein überreicht wurde. Sowohl für eine angemessene Verpflegung während der Wartezeit, als auch für die Unterbringung im Hotel und den Transfer, im Falle einer Verschiebung des Flugs auf den Folgetag, ist die Fluggesellschaft nach Artikel 9 der Europäischen Verordnung 261/2004 zum Fluggastrecht verantwortlich.
Schon in der Warteschlange am Schalter erhielt ich eine SMS, mit der Information: Abflug 18 Uhr am Folgetag. Für uns war das kein Problem, denn wir hatten eine Reise von vier Monaten vor uns. Doch andere hatten nur eine Pauschalreise von ein paar Tagen gebucht und entschieden nach dieser Mitteilung, den Urlaub ganz abzusagen.
Nach viel Gedränge saßen wir dann endlich im Taxi, auf dem Weg zu einer Vertröstung, die versöhnlicher nicht hätte sein können. Denn wir nächtigten auf Kosten von Eurowings im Maritim Hotel Köln. Ein letztes Mal Luxus vor unserer Low-Budget-Reise – Es hätte uns wirklich schlimmer treffen können. Beim Frühstück mit Sekt und Lachs waren am nächsten Tag auch die letzten Anzeichen der Strapazen verschwunden. Die Wartezeit bis zum Flug verbrachten wir im Pool- und Saunabereich des Hotels.
Die Entschädigung
Donnerstag, 18 Uhr, Abflug in Köln. Mit letztendlich 28 Stunden Verspätung starteten wir unseren Flug nach Varadero, und wie angekündigt, blieben die Sitze einiger Passagiere leer. Immerhin konnten wir alle mit einer Summe von 600 Euro pro Person rechnen. Die Ausgleichszahlung für Flugverspätungen ist nämlich laut dem Europäischen Fluggastrecht wie folgt gestaffelt:
- 250 Euro bei Flügen über eine Entfernung von 1500 km oder weniger ab 2 Stunden Verspätung
- 400 Euro bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung von 1500-3500 km ab 3 Stunden Verspätung
- 600 Euro bei Flügen über eine Entfernung von mehr als 3500 km und 4 Stunden Verspätung.
Schon am Flughafen hatten wir die E-Mail mit der Einforderung der Ausgleichszahlungen an Eurowings abgeschickt. Wichtig ist dabei, Flugnummer, Passagiernamen, alte und neue Abflugzeit und Buchungsnummer mit anzugeben. In einer automatischen Antwort wurde uns mitgeteilt, dass die Bearbeitung der Anfrage fünf Wochen dauern könne. Und es dauerte sogar noch etwas länger, jedoch wurde uns circa sechs Wochen nach Kontaktaufnahme per E-Mail eine Ausgleichszahlung von 600 Euro zugesichert. Wir wollten aber natürlich die Ausgleichszahlung für uns beide und schrieben erneut eine Mail an Eurowings, mit der Bitte, die uns zustehenden 1200 Euro zu überweisen. Nicht lange später hatten wir das Geld auf dem Konto.
Wir sehen also nach dieser persönlichen Erfahrung keine Notwendigkeit darin, einen Rechtsdienstleister mit einzuschalten, der für seine Hilfe eine Provision verlangt. Trotz der langen Warterei und Ungewissheit am Flughafen, lief die Betreuung und Entschädigung nämlich wirklich reibungslos. Und wer die Nerven behält, kann auch 28 Stunden später entspannt in den Urlaub starten.