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Ina
Gebürtig aus dem Ruhrpott, zog es mich seit jeher …
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Ushuaia in Argentinien– Die charmante Stadt am Ende der Welt
Wie soll man sich das Ende der Welt vorstellen? Unwirtlich, eisig, menschenleer? Ushuaia, Hauptstadt der argentinischen Provinz Feuerland und „südlichste Stadt der Welt“, ist anders.
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Allgemeine Reiseinfos
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Geschichten aus Argentinien
Wenn man über den Garibaldi-Pass, dem letzten Ausläufer der Anden, die finalen Kilometer auf Serpentinen zur Küste hinabfährt, ist man erstaunt, wenn plötzlich eine so große Ansiedlung an Häusern auftaucht. Am Ortseingang wirkt Ushuaia weder pittoresk noch verträumt: Große Containeransammlungen, Lagerhallen und unzählige LKWs begegnen einem im Industrieviertel, das man auf dem Weg in die Stadt durchqueren muss. So viel Logistik erwartet man nicht am Ende der Welt. Und doch erklärt es sich von selbst, dass der Ort durch seine Abgeschiedenheit und das unwirtliche Klima von der externen Versorgung abhängig ist.
Die Straße führt noch einige Kilometer geradeaus, durch weitere Stadtviertel hindurch, bis man den Stadtkern erreicht. Ushuaia ist langgestreckt, versteckt sich im schmalen Streifen zwischen den Bergflanken und der Küstenlinie. In Zentrumsnähe zeigt sich schließlich etwas von dem feuerländischen Charme der Stadt. Buntbemalte Holzhäuser säumen die kleinen Straßen. Sie haben stark geneigte Dächer, um die Schneemassen im Winter abzuschütteln, manche sind aus Wellblech. Einige massive Holzhäuser im Zentrum erinnern an den architektonischen Prunk der Alpen. Ushuaia ist postkartenschön, zumindest auf der Hauptstraße San Martín, wo sich über den Dächern und hinter dem kleinen Kirchturm eindrucksvoll die weiß gesprenkelte Bergwelt Feuerlands erhebt. Hier gibt es ein paar Souvenirläden und Pubs für die Touristen, Reiseanbieter und Restaurants. Auch ein paar Häuserblöcke weiter, an der Uferpromenade, ist die Szenerie idyllisch. Kleine Segelboote schaukeln im Wasser des Hafenbeckens, an dessen Bootsanleger Fahrten durch den Beagle-Kanal verkauft werden. Die Wasserstraße trennt Ushuaia von der zerklüfteten Inselwelt, den letzten Landflecken des südamerikanischen Kontinents. Die Schifffahrt hat eine große Bedeutung in der Geschichte der Stadt gespielt: Für viele Ureinwohner Feuerlands, wie zum Beispiel das Volk der Yámana, war die Wasserstraße des Beagle-Kanals Teil ihres Lebensraums, da sie als Wassernomaden mithilfe von Kanus entlang der Küstenlinien siedelten. Inzwischen sind alle Eingeborenen-Völker der Provinz Feuerland ausgestorben. Später erschienen die ersten europäischen Entdecker mit Segelbooten vor der Küste, wie auch Charles Darwin, der im Zuge seiner Forschungsreisen in den Jahren 1833-34 in Ushuaia anlegte. Sein Segelschiff, die HMS Beagle, war Namensgeber für den Kanal zwischen Atlantik und Pazifik. Auch heute noch ist der Seeweg, wie für jede Küstenstadt, ein wichtiger Transportweg. Zudem ist Ushuaia der zentrale Abfahrtshafen für alle touristischen und wissenschaftlichen Expeditionen zur Antarktis.
Die Gründung Ushuaias im Jahr 1884 steht im engen Zusammenhang mit dem historischen Grenzkonflikt mit dem Nachbarland Chile: Wie so viele Dörfer und Städte in Grenznähe, sollte die Siedlung den Territorialanspruch der Argentinier in diesen Breitengraden unterstreichen. Von Anfang an wurden Strafgefangene nach Ushuaia geschickt, die eine bedeutende Rolle in der Kolonisierung des „Endes der Welt“ gespielt haben und zur Errichtung der lokalen Infrastruktur und in der Forstwirtschaft eingesetzt wurden. Heute ist das Gefängnisgebäude, das von 1902 bis 1920 von den Gefangenen selbst errichtet wurde, zu einem maritimen Museum umgewandelt.
Wintersport und Wanderungen am Ende der Welt
Auf der Karte ist die Stadt Ushuaia nur ein kleiner besiedelter Punkt inmitten der Natur. Deshalb sind auf einer Reise nach Ushuaia vor allem die Ziele in der näheren Umgebung interessant. Da wäre zuerst der „Stadtgletscher“, der Glaciar Martial, dessen Wintersportzentrum in unmittelbarer Nähe zum Zentrum liegt. In den übrigen Wintersportzentren werden neben Ski und Snowboard auch andere Aktivitäten wie Schneeschuhwanderungen, Huskieschlitten- und Schneemobilfahrten angeboten.
Ein Muss ist der Nationalpark Tierra del Fuego rund um die Lapataia-Bucht, wo die Ruta 3, die einzige große Verkehrsader Feuerlands, abrupt endet. Eine Vielzahl an Wanderungen aller Schwierigkeitsgrade steht den Besucher*innen des Parks zur Auswahl, auf denen sie unter anderem Rekonstruktionen von Yámana-Behausungen entdecken können. Das große Highlight des Parks ist der „Tren del fin del mundo“, eine kleine Lokomotive, die Touristen in den Nationalpark und zurück befördert. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts verkehrte der Zug erstmals als „Tren de los presos“ (Zug der Gefangenen), und brachte wichtige Holzlieferungen für Heizung, Küche und Konstruktionen in das Gefängnis Ushuaias.
Auch außerhalb des Nationalparks gibt es zahlreiche Wanderungen. Zu den beliebtesten Ausflügen zählen sicherlich die Wanderung zur Laguna Esmeralda (Startpunkt zwölf Kilometer stadtauswärts), die relativ einfache Wanderung zur verlassenen Estancia Túnel (an der Küste entlang) und die Tour zur Eishöhle des Vinciguerra-Gletschers (anspruchsvoll).
Praktische Tipps für einen Besuch in Ushuaia
Ushuaia liegt in Patagonien, und in Patagonien ist das Wetter unberechenbar. In Ushuaia umso mehr, da es in der Umgebung des Kap Horn liegt und von dessen eisigen Winden nicht verschont bleibt. Die Einwohner Ushuaias behaupten gerne, dass man in ihrer Stadt alle vier Jahreszeiten an einem Tag erleben könne. Deshalb gehört auf jeden Fall wind- und wasserfeste Kleidung ins Reisegepäck. Die Winter sind lang, kalt und dunkel. Die beste Reisezeit ist wie für alle Destinationen auf Feuerland der kurze patagonische Sommer in den Monaten Dezember bis Februar.