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Astrid
Seit frühester Kindheit leide ich unter chronisch …
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(Un)Typisch Kreta! Abseits der üblichen Pfade
Weiße Häuser, antike Tempel und viel griechische Sonne: Viele von euch haben bei Kreta sicher die üblichen Klischees im Kopf. Dass es auch anders geht, zeigt Astrid in unserer Reihe „(Un)Typisch!“: Sie hat sich auf die Suche nach unberührter Natur abseits von Touristenmassen begeben – und gefunden.
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Allgemeine Reiseinfos
Ungefähr 100km südlich des griechischen Festlands liegt die nach Zypern zweitgrößte Insel des östlichen Mittelmeerraums: Kreta. Für die meisten Urlauber steht Kreta für sonnige Sandstrände, reichlich griechisches Essen und Raki. Vom Flughafen in Heraklion aus geht es zumeist mit dem Shuttle direkt ins Hotel. Der kulturelle Teil des Urlaubs ist schnell mit einem Besuch des archäologischen Museums und eventuell noch des antiken Ortes Knossos abgehakt. Egal, ob am Strand, im Museum oder in Knossos: Überall erwarten dich große Touristenmassen, unberührte Natur scheint es hier nicht mehr zu geben. Doch wir haben uns auf die Suche nach wahren Abenteuern ohne Touristenklischees gesucht und auch gefunden.
Agia Galini
Unsere Reise beginnt am Flughafen von Heraklion, die zahlreichen Hotelshuttles lassen wir aber links liegen. Stattdessen nehmen wir uns einen Mietwagen für die Fahrt an die südliche Küste Kretas, zum idyllischen Fischerdorf Agia Galini, von wo aus sich Ikarus zu seinem ersten und einzigen Flug in die Lüfte erhoben haben soll. Obwohl die Landschaft mit ihren an steilen Hängen verstreuten Häusern und dem Blick auf das Idagebirge sowie den Hafen zu den schönsten der Insel gehört, befindet sich hier aufgrund der begrenzten Anzahl an Hotels noch eine übersichtliche Anzahl an Touristen, kein Vergleich zu den stets überlaufenen Städten Heraklion und Rhethymnon im Norden der Insel.
Die Messara-Ebene – Phaistos, Gortyn und Vori
Von Agia Galini aus fahren wir zuerst zum Pflichtprogramm zu den Ausgrabungsstätten nach Phaistos und nach Gortyn, wo wir vollkommen ungestört die „Große Inschrift“ bewundern – etliche Wände voller antiker Gesetzestexte. Um uns von der Hitze in der Messara-Ebene zu erholen, geht es weiter nach Vori. Dort finden wir mit Hilfe eines kretischen Bauern das ethnologische Museum, in dem die ländliche Entwicklung Kretas dokumentiert wurde. Das Museum kann zwar nicht mit den Massen an Ausstellungsstücken des archäologischen Museums in Heraklion mithalten, ist dafür aber so spannend als Rundreise durch die Jahrhunderte gestaltet, dass wir erst nach 3h Stunden wieder blinzelnd in die Sonne treten.
Achtung vor den Ziegen
Die Wanderattraktion Kretas schlechthin ist die Samaria-Schlucht im Westen Kretas. Wir aber haben gehört, dass es dort von Touristen nur so wimmelt und wollen lieber ungestört die Natur genießen. Also fahren wir über kleine Serpentinen und durch winzige Bergdörfer über Zaros zum Kloster Agios Nikolaos, wo wir uns zunächst auf der Suche nach dem richtigen Weg völlig verlaufen. Nachdem wir festgestellt haben, dass es ein Fehler ist, sich unterhalb von Ziegen an einen Baum zu setzen (und ein noch größerer, zu glauben, man könne jetzt auch sitzen bleiben, die Ziege müsste ja nach ihrer ersten Köttelattacke „leer“ sein) und sich zudem unsere Trinkvorräte bereits dem Ende zuneigen, geben wir auf und kehren zum Kloster zurück.
Ein Eremit weist uns den Weg in die Rouvasschlucht
In einem Weinberankten Durchgang findet uns schließlich ein Eremit, der aufgrund seines grauen Rauschebartes uralt wirkt. Er spricht kein Wort Englisch und wir kaum Griechisch, aber mit Händen und Füßen klappt die Verständigung trotzdem ausgezeichnet. Nachdem wir in aller Gastfreundschaft mit traditionellem Gebäck und unglaublich scharfem Raki versorgt sind und unsere Flaschen mit Wasser auffüllen durften, weist der Eremit – allerdings erst nach einigen Versuchen, uns dazu zu überreden, ein für ihn offensichtlich gruselig aussehendes Lippenpiercing herauszureißen – uns den Weg in die Rouvasschlucht. Auf steilen Treppen und schmalen Pfaden entlang eines Quellsees durchqueren wir sie, um nach einer sechsstündigen Wanderung, ohne auch nur einem Menschen zu begegnen, noch einmal am Kloster vorbeizugehen und die ungestörte Ruhe am Brunnen unter einem Olivenbaum aufzusaugen, bevor wir die Fahrt zurück durch die Bergdörfer Richtung Meer antreten.
Auf der Panoramastraße nach Frangokastello
Nach einem Abstecher zu den Höhlen von Matala, die zu römischen Zeiten als Grabeshöhlen dienten und gerüchteweise auch schon Piraten Unterschlupf geboten haben sollen, fahren wir über die Panoramastraße nach Frangokastello. Die Strecke besteht aus schmalen Serpentinen und bietet Ausblicke, bei denen man sich in die Schluchten Mittelerdes aus Herr der Ringe versetzt fühlt.
Die griechischen Freiheitskämpfe: Gerontospilos und Arkadi-Kloster
Zum Abschluss unserer Kretareise spüren wir noch einem bedeutenden Teil der Geschichte der Insel nach: Die Zeit der griechischen Freiheitskämpfe gegen die osmanischen Besatzer zwischen 1820 und 1870. Zunächst geht es zum Kloster Arkadi südlich von Rhethymnon. Da hier noch heute Mönche leben, achten wir auf angemessene Bekleidung: Bedeckte Schultern, Hemd ohne Ausschnitt und keine zu kurzen Röcke. Nachdem der Mönch am Eingang uns von oben bis unten gemustert und unsere Kleidung für anständig genug befunden hat, treten wir in den Innenhof und von dort aus in die Nebengebäude, in denen sich neben einer Sammlung prunkvoller Ikonen auch eine beeindruckende Chronik der Freiheitskämpfe befindet. Weiter geht es nach Melidoni zur Gerontospilos, einer Tropfsteinhöhle. In dieser 60m langen und 20m hohen Höhle mit ihren gewaltigen Stalagtiten und Stalagmiten fühlen wir uns winzig und die Tatsache, dass hier während der Freiheitskämpfe 340 Kreter ihr Leben im durch die Osmanen am Höhleneingang gelegten Feuer verloren haben, lässt uns schaudern. Die bedrückte Stimmung trotz der Schönheit dieses Ortes verfliegt erst, als uns ein Kreter bittet, uns für einen Werbefilm für Melidoni filmen zu dürfen, um die Proportionen der Höhle ins Verhältnis zu unserer Größe setzen zu können.
Wehmütig und das Gepäck voller bestem Olivenöl genießen wir schließlich vom Flugzeug aus einen letzten Blick auf die Ägäis und planen schon den nächsten Besuch, um nach dem mittleren Teil noch den Westen und Osten der Insel zu erkunden.
Tipps für einen gelungenen Kreta-Urlaub
Unterkunft
In Agia Galini gibt es zahlreiche Hotels unterschiedlicher Kategorien. Wir haben uns für ein etwas abseits des Hafens gelegenes 3*-Hotel inklusive Frühstück entschieden. Bei der Buchung solltest Du beachten, dass manche Hotels in Hafennähe nur über sehr steile Treppen zu erreichen sind, die eine gewisse körperliche Fitness voraussetzen.
Essen und Trinken
In allen größeren Ortschaften findet man typisch griechische Tavernen. Die Preise für eine Hauptmahlzeit wirken zwar mit meist 15-25€ recht preisintensiv, dafür bekommt man aber zu jedem Essen entweder honigsüßen Grießkuchen oder einen Obstteller. Herunterspülen kannst du alles mit jeder Menge kretischem Raki – natürlich auf's Haus.
Tipp: Pantheon Restaurant (Agia Galini): Neben Gyros und Souvlaki gibt es tolle Lammröllchen und leckeren frischgefangenen Fisch, der deutsch-griechische Oberkellner freut sich immer über ein Schwätzchen und der Ausblick über den Hafen ist nicht zu toppen.
Tipp: Aerostato Café und Bar (Agia Galini): Direkt am Hafen unterhalb des Pantheon befindet sich die modern und dennoch sehr gemütlich eingerichtete Strandbar. Bei gutem Wetter werden die Planen zur Seite geschoben, sodass die Gäste direkt unter dem Sternenhimmel sitzen. Die Cocktails sind bezahlbar und süffig und die Kellner auch bei Stress immer für ein Späßchen zu haben. Die Unisex-Toilette ist ein besonderes Erlebnis: im Vorraum befindet sich ein schickes Holzwaschbecken und die Türen zu den Toiletten sind nichts für schüchterne Blasen: Man kann zwar von außen nicht hineinsehen, aber dafür umso besser von innen nach außen.
Souvenirs
In den Koffer gehören ganz klar zwei Souvenirs: Olivenöl und Raki. Unser Lieblingsöl von Terra Creta kostet vor Ort nur einen Bruchteil dessen, was man in Deutschland im Laden zahlt. Man bekommt es auf der Insel in jedem Strandladen und Supermarkt. Da wir dank der gastfreundlichen Kretaner zeitweise mehr Raki als Blut in unseren Adern hatten, haben wir stattdessen ein herrlich wässriges Mythos-Bier mitgebracht.