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Laura
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Über den Wolken - Das mexikanische Bergdorf San José del Pacífico
Das kleine Dorf San José del Pacífico hoch im mexikanischen Gebirge ist ein Anziehungsort für Spirituelle, Naturliebhaber und Reisende, die nach etwas Ruhe suchen. Berühmt wurde es durch die Magic Mushrooms, die hier in der Regenzeit wachsen. Doch die spektakuläre Natur lässt einen auch so über den Wolken schweben.
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Allgemeine Reiseinfos
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Weiteres Insiderziel in Mexiko
Müsste ich San José del Pacífico in einem Wort beschreiben, dann wäre dieses sicher: magisch. Ab der ersten Minute zog mich das kleine Bergdorf im mexikanischen Bundesstat Oaxaca in seinen Bann. Mit seiner Lage 2500 Metern über dem Meeresspiegel, dem dichtbewachsenen grünen Wald und den gerade einmal rund 350 Einwohnern, bot dieses Dorf endlich, wonach wir suchten: Einen Ort der Ruhe, des Friedens und der Naturschauspiele.
Wo die Magic Mushrooms wachsen
Natürlich waren wir nicht die ersten, die diesen zauberhaften Fleck für sich entdeckt hatten. Auch wenn San José del Pacifíco nicht zu den in Reiseführern standardmäßig ausgeschlachteten Touristenzielen gehört, steht das Dorf doch auf den Wunschzetteln etlicher Backpacker aus aller Welt. Und das liegt neben der atemberaubenden Natur vor allem an den Hongos, den Magic Mushrooms also, die hier in der Regenzeit von Juli bis August aus dem Waldboden sprießen und bei Konsum für einen psychedelischen Rausch sorgen. Die Hongos zählen hier als Teil der Kultur und werden zu medizinischen Zeremonien eingesetzt, die den Geist reinigen sollen. Die Pilze sind, auch jetzt außerhalb ihrer Saison, im ganzen Dorf allgegenwärtig, ob Gemälde an der Wand, Souvenirs aus Holz oder Stoff oder Schilder in Pilz-Form. Auch wenn sie in Mexiko generell als illegal gelten, ist hier oben in San José del Pacífico von Gesetzeshütern keine Spur.
Doch um hier über den Wolken zu schweben, bedarf es sowieso keiner halluzinogener Pflanzen. Das Wolkenspektakel, das uns in den nächsten Tagen bevorstand, sollte eines der faszinierendsten Naturerlebnisse meines Lebens werden.
Geweckt werden vom Gesang der Vögel
Um wirklich allein zu sein und die Ruhe genießen zu können, entschieden wir uns abseits der größeren Hütten ein kleines eigenes Häuschen zu beziehen. Wer wirklich günstig übernachten will, findet in San José del Pacifíco Schlafplätze für gerade mal zwei bis drei Euro die Nacht. Doch uns schwebte ein kleines Abenteuer inmitten der Natur vor. Und das sollten wir bekommen. Etwa 30 Minuten Fußweg vom Dorfzentrum entfernt befand sich mitten im Wald unsere eigene kleine Hütte, umgeben von Bäumen, mit einem Ausblick, der mir Gänsehaut über den Körper jagte. Die Krönung: Unser Häuschen hatte die Form eines Pilzes. Wir lebten also, wenn man so will, in unserem eigenen magischen Mushroom. Das Singen der Vögel, das Rascheln des Windes in den Baumwipfeln und das Zirpen der Grillen waren die einzigen Geräusche, die hier zu hören waren. Morgens weckten uns die ersten Sonnenstrahlen durch die kleinen Fenster im runden Dach, die uns in der Nacht noch den Blick auf die unzähligen Sterne ermöglicht hatten.
Für Hobbyköche bietet diese Unterkunft ein weiteres Highlight: Tisch und Stühle können auf die Terrasse gestellt werden, sodass man das Gefühl bekommt, als würde man inmitten der Bäume Essen zubereiten. Einen kleinen Fußmarsch entfernt, bietet ein Laden alles an, was man für ein leckeres und gesundes Mittagessen benötigte. Ob nun das frische Gemüse, die Bergluft oder der Ausblick der Grund war, warum uns das Essen so gut schmeckte, wie schon lange nicht mehr, kann ich nicht sagen. Wahrscheinlich war es eine Kombination aus allem.
Wolken in allen Farben und Formen
Das absolute Highlight in San José del Pacífico sind ohne Zweifel die Wolken, die sich von oben in all ihren Facetten beobachten lassen und mich immer wieder aufs Neue in ihren Bann zogen. Oft kam es mir so vor, als würden sie ein Theaterstück performen und immer wieder in andere Rollen schlüpfen. Manchmal zeigen sie sich als kleine Schäfchen, die langsam und unschuldig über die Berge hinwegschlichen. Kurz später legen sie sich wie eine riesige Matte aus Watte in das Tal, in die man sich wünschte vom Berggipfel hinein springen zu können. Dann wieder gibt es Momente, da rollen sie wie eine gigantische unaufhaltsame Welle auf die Berge zu und verschlingen alles ausnahmslos unter ihrer weißen Masse. Die Wolken zogen oft wie Geister durch uns hindurch und wir spürten tatsächlich wie kalt es plötzlich wurde. Besonders atemberaubend ist ihr Anblick, wenn die Sonne untergeht und diese ihre leuchtenden Farben auf die weißen Wolken wirft, als würde sie ein Gemälde auf ihnen zeichnen.
Nicht zu unterschätzen ist jedoch die Kraft, die diese Wolken oben in den Bergen mit sich bringen können. Auch wenn San José del Pacífico sonst als ungefährlich gilt, und wir auch nachts unbekümmert von Haus zu Haus ziehen konnten, gibt es ein Szenario, das sogar die Einheimischen meiden: Gewitter. Und das kann schneller aufziehen, als man denkt. Sobald Donnern zu hören ist, sollte man sich möglichst einen Unterschlupf suchen, denn nicht nur einmal forderten Blitze hier Opfer, wie mir eine Nachbarin erzählte.
Wandern im Zauberwald
Wer nach all der Wolkenschau Lust hat die Gegend zu erkunden, findet in San José wunderschöne Wanderwege und kann auch zu Fuß die nahegelegenen Dörfer erreichen. Hinter dem Hostel La Cumbre führt ein kleiner Weg steil bergauf bis zum Gipfel. Da der Weg an manchen Stellen nicht wirklich zu erkennen ist, kann es schon passieren, dass man plötzlich mitten im Dickicht steht. Unsere Wandertour artete teilweise zu einer Kletterpartie aus und wir waren froh, dass wir uns für lange Hose und Jacke entschieden hatten. Oben angekommen (wir brauchten knappe zwei Stunden) lichtet sich der Wald und bietet wunderschöne Plätze für eine kleine Pause. Am Ende des Waldes mündet der Weg in die Hauptstraße, auf der es noch weitere zwei Stunden Fußmarsch bis zum Bergdorf San Sebastián Río Hondo sind.
Da wir dieses Stück in praller Sonne unterwegs waren, entschieden wir uns auf dem Rückweg mit einem Colectivo mitzufahren. Ein Taxi wäre vielleicht bequemer, dafür aber lange nicht so lustig wie eine Fahrt auf dem in Mexiko üblichen Pritschenwagen, der mit einer Plane überdacht und mit Bänken ausgestattet ist. Sobald man sich daran gewöhnt hat, kann so eine Fahrt zu einem eigenen Erlebnis werden. Das letzte Stück fuhren sogar wir auf Autoreifen sitzend auf der Ladefläche eines Pick-Ups mit.
Pilz-Zeremonien zur Heilung der Psyche
Auch wenn wir außerhalb der Saison in San José waren, wollte ich mehr über den Nutzen und den Einsatz der halluzinogenen Pilze erfahren. Unsere Nachbarn, eine Mutter und ihr 22-jähriger Sohn, haben sich in San José niedergelassen, um die medizinische Wirkung von Pflanzen zu untersuchen. Ihre Pilz-Zeremonien dienen nicht dem bloßen Drogenrausch, sie arbeiten während der Phase der stärksten Wirkung des Pilzes mit den psychischen Belangen der Konsumenten. „Besonders häufig kommen Menschen mit posttraumatischen Angststörungen oder Depressionen zu uns“, erzählt Roberto (Name geändert). „Der Beginn des Rausches ist stark und nie angenehm“, sagt er weiter, doch die Behandlung könne die Psyche bei vielen Teilnehmern positiv und langfristig beeinflussen.