Palermo – italienische Kulturhauptstadt 2018

Palermo – italienische Kulturhauptstadt 2018

Wenn ihr es bisher noch nicht in die sizilianische Hauptstadt geschafft habt, ist 2018 euer Jahr: Palermo ist aktuell italienische Kulturhauptstadt. Und wer von Kultur und Sehenswürdigkeiten bei 30 Grad abklappern irgendwann die Nase voll hat, vergnügt sich mit gelato, canolo, granita und kristallklarem, blauen Meer an einem der hübschen Badeorte unweit Palermos.

Reisebericht

Palermo – eine Stadt, viele Gesichter

Palermos viele Gesichter zeugen von seiner bewegten Geschichte und spiegeln sich in der Architektur wider, denn Sizilien wurde von vielen verschiedenen fremden Mächten eingenommen: Vandalen, Goten, Byzantinern, Arabern, Normannen – und sie alle haben ihre Spuren hinterlassen. Der Normannenpalast Palazzo Reale und die Kathedrale Maria Santissima Assunta sind genauso wie die typische Zutat des Couscous Zeugnisse dieser Schnittstelle der Kulturen.

Palermo war bereits weit vor seiner Ernennung 2018, im 19. Jahrhundert, ein wichtiges kulturelles Zentrum der Kulturen und besitzt gleich zwei prunkvolle Theater: Das Teatro Politeamo im Stil des Neoklassizismus und das Teatro Massimo, das größte – und schönste – Opernhaus Italiens. Nicht ohne Grund wurde das Theater als Filmkulisse der legendäre Schlussszene des „Der Pate 3“ auserwählt. Wem hat sich Al Pacinos stummer Schrei nicht für alle Zeiten in die Seele eingebrannt?

Doch Palermo nennt noch weitere Hochkaräter sein Eigen: L’Orto Botanico di Palermo (Via Lincoln) ist der größte Europas. Schon Goethe kraxelte hier auf seiner Suche nach der Ur-Pflanze rum und rühmte den Garten während seiner Italienreise 1789 in den höchsten Tönen. „Im Übrigen“, so hielt er fest, „könne nur derjenige Italien verstehen, der auch Sizilien kennen gelernt habe.“ Unweit des Botanischen Gartens liegt die hübsche Villa Giulia mit ihrer Parkanlage sowie Hafen und Uferpromenade.

Sizilianische Spezialitäten, Palermitanisches Street-Food

Ein anderer Weg Italien und seine Kultur kennen zu lernen – und für jeden Italiener ohne Frage der Wichtigste – ist über das Essen. Sizilien, das ist Ragù, Caponata, Canolo, Arancine und Granit. Palermo, das ist gelato im brioche, panelle und panino alla milza. Im Nachhinein bin ich froh darüber, dass ich erst nach ein paar alles verändernden Bissen gefragt habe, welcher Teil genau denn milza wäre und mir ein Licht noch viele Bissen später aufgegangen ist: milza bedeutet Milz – bedeutet Kalbsinnereien. Das panino alla milza ist ein Burgerbrötchen gefüllt mit in Schmalz gebratenen Kalbsinnereien und Ricotta – oder Caciocavallo-Käse. Was soll ich zu meiner Verteidigung sagen? Ja, das panino alla milza ist für Wagemutige, nein, ich bereue nichts und ja, es war eines der besten Dinge, die ich in meinem Leben gegessen habe. Ort des Geschehens war der Street-Food-Himmel Testa Grossa (Corso Calatafimi 795) am Ende der Hauptstraße Palermos, dem Corso Vittorio Emanuele.

Weitere Köstlichkeiten gibt es auf der Via Maqueda: Die ehemalige Bücherei Libreria Dante für ein Glas Wein oder einen Aperitivo, Timilia für ein, zwei, drei leckere Stücke Pizza, Cannoli & Co. für – ihr werdet es ahnen – Cannoli gefüllt mit Ricotta, Kepalle Arancini für Arancini klassisch gefüllt mit Reis, Erbsen und Ragù oder etwas moderner mit 4 formaggi. Überhaupt ist die ganze Straße eine wunderbar belebte Street-Food-Meile.

Unbedingt auch dem wilden Treiben auf den beiden berühmten Märkten Palermos, Ballaró und Vucciría, einen Besuch abstatten, frischen, vor Ort zubereiteten Oktopus essen oder mitnehmen und günstiger selbst zu Hause machen, die unzähligen Käsesorten anschmachten, den Marktleuten beim Filtrieren der Fische zuschauen und Gemüse sehen, das eine Seele hat. Die Tomaten daheim werden nie wieder dieselben sein. La Vucciría verwandelt sich abends in eine Ausgehmeile für Touristen wie Einheimische. Man sitzt in Tavernen zusammen, tanzt zu Reggae-Musik auf der Straße und macht die Nacht zum Tag. Auch die Champagneria, unweit des Teatro Massimo, ist eine wunderbare Ausgehmeile mit Bars und Pubs und Publikum jeden Alters.

Ins Blaue hinein

Nach so viel Kultur und Kulinarik wird es Zeit, die Badehose einzupacken: Der Bus 806 bringt euch an den bekanntesten, aber auch charmantesten Strand: Mondello. Die Palermitaner leben eine Hass-Liebe-Beziehung mit dem überfüllten, trubeligen und gleichzeitig doch so italienischen und deshalb unwiderstehlichem Mondello. Schon allein die hübschen, kleinen blauen Badehäuschen sind einen Besuch und ein Erinnerungsfoto wert – Postkartenmotiv inklusive. Im Süden Italiens den Bus zu nehmen gleicht einem Abenteuer. Die erste Lektion heißt warten. Regen wir uns in Deutschland bereits über fünf Minuten Verspätung auf, weiß in Palermo niemand, wann und wo die Busse kommen – wenn sie denn überhaupt kommen. So warten bei sommerlicher Hitze 40 Touristen, 20 ragazzi und 10 italienische Großfamilien gemeinsam an der Haltestelle auf ihre Chance, der Stadt wenigstens für ein paar seelige Stunden zu entkommen. Die Italiener sind übrigens bestens vorbereitet: Manche von ihnen beginnen ihren Strandtag um 7 Uhr morgens und haben vom Sonnenstuhl über den eigenen Tisch und Sonnenschirm bis zu Pasta, Pizza oder Focaccia als leichtes Mittagessen alles für den perfekten Strandtag dabei.

Ein bisschen weniger italienisch, das heißt etwas gesitteter und reservierter, lässt es sich in der Riserva Naturale vom Capo Gallo, einem Naturschutzgebiet am Fuße des Berges Monte Gallo, baden. Auf dem Hinweg lohnt sich ein Stopp bei Delizia ( Via Dammuso 57), das gelato im Brioche verdient seinen Namen. Auf dem Rückweg lohnt sich ein Besuch bei Carmelo, der inzwischen zur Institution und abendlicher Anlaufstelle der Einheimischen geworden ist und leckeres Street-Food zaubert. In diesem Küstenabschnitt gibt es weit und breit azurblaues, transparentes Wasser, der Trubel rund um Mondello liegt in weiter Ferne, ihr könnt wunderbar schnorcheln, wandern, ins klare Blau springen und anschließend weiter wandern, euch auf den Felsen mit kaum einer anderen Menschenseele sonnen, einen malerischen, italienischen Sonnenuntergang bestaunen und anschließend im Il Delfino in dem hübschen Örtchen Sferracavallo zu Abend essen. Hier besteht weder die Qual der Wahl noch die Angst vor Futterneid, denn rund 15 reichhaltige, frisch zubereite Gänge rund um Fisch und Meeresfrüchte werden euch von der Vorspeise bis zum Dessert inklusive einer Flasche Wein und Wasser für einen festen Preis von 29 Euro an den Tisch gebracht. Gamberi, Meeresfrüchte, Oktopussalat, Risotto, Linguine mit Vongole, Muscheln graniert oder mit Pasta, frittierte Tintenfischringe – alles fangfrisch auf euren Tellern. Wer es typisch sizilianisch bevorzugt, isst leckere Arancini bei lo Friu E Tu Manci (Via Torretta 50). Bei „Ich frittiere und du isst“, sind die Panini sehr lecker und sättigend und mit je zwei kleinen Arancini bekommt ihr ein herrliches Abendessen für weniger als 10 Euro. Falls ihr es vorher noch nicht bemerkt habt, wisst ihr es spätestens hier: Frittieren ist das sizilianische Zauberwort.

Cefalú zieht mit seinem glasklaren Meer und seinen phänomenalen Sonnenuntergängen Sommer für Sommer zahlreiche Touristen an, um das Postkartenmotiv dieser sizilianischen Kleinstadt live und in Farbe zu erleben. Nur eine Stunde von Palermo ist Cefalú ein Must-see jedes Palermo-Trips: langer Sandstrand, Felsen, urige, typisch-italienische Häuser direkt am Strand und eine Kleinstadt, die sich ihren sizilianischen Charakter bewahrt hat. Cefalú ist eine Stadt gewordene Postkarte aus Süditalien.

Am wahrscheinlich unberührtesten, und mit dem dramatischten Aufritt, dafür aber auch am felsigsten und schroffsten von allen Stränden und Badeorten liegt Scopello, am wundervollen Golf von Castellammare mit dem Strand von San Vito Lo Capo an seiner Spitze. Vom Golfo geht es immer bergauf in Richtung Scopello, einer Fahrt, bei der ihr euren Augen kaum trauen werdet, so faszinierend sind die Aussichten über die Bucht, die Stadt und das Meer. Die dortige Küstenlandschaft ist wegen ihrer vorgelagerten Felsklippen, der Faraglioni, besonders charakteristisch. Denn solche Felsklippen seht ihr sonst nur in Capri – für das Fünffache an Geld.
Gleich neben Scopello befindet sich das Naturschutzgebiet Lo Zingaro mit seinen wunderschönen Wanderwegen entlang einer atemberaubenden Küste. Zu dieser Küstenlinie an der nordwestlichen Ecke Siziliens gibt es so viel versteckte Schönheit zu entdecken, die ihr aber besser mit dem Auto als mit dem Bus erkundet, denn der letzte Bus von Scopello bergab in Richtung Castellammare fährt bereits um 16 Uhr. Und dieses ins Blau gemalte Blau wollt ihr garantiert noch um einiges länger genießen.

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