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Bernadette
Viele Jahre lang habe ich davon geträumt, vom und …
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Auf Food-Tour durch Malaysia – Lecker essen bis zum Abwinken
Thaifood kennt jeder, aber wusstet ihr auch, dass man in Malaysia mindestens genauso gut und günstig isst? Vor Ort müsst ihr nur ein Wort kennen: Makan. Essen. Schon habt ihr die Wahl zwischen original malaysischem „Steam boat“, Halal, Nyonya, Malay, Chinesisch oder Indisch. Und das Beste: Echte Dickmacher gibt es darunter wenige.
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Allgemeine Reiseinformationen
Es ist kein Geheimnis: Malaysia ist ein multiethnisches Land mit Muslimen, Buddhisten, Christen und sogar Hindus. Das zeigt sich an Tempeln neben Moscheen, an der Kleidung der Menschen, an Zugwaggons speziell für Frauen. Und natürlich am Essen. Es wäre eine Schande, das Land zu bereisen und sich diese seltene Vielfalt nicht bei jeder Gelegenheit auf der Zunge zergehen zu lassen, denn Malaysias Küche ist so bunt wie seine Bevölkerung. Kaum habe ich einen Fuß auf malaysischen Boden gesetzt, habe ich die Backen auch schon voll.
„Makan“ zum Ersten
Es ist Simon, der mir das Wort „Makan“ an meinem ersten Tag in Malaysia beibringt. Das angeblich wichtigste malaysische Wort. Im UNESCO-Weltkulturerbe Malakka an der südlichen Westküste, nicht weit von der Grenze mit Singapur entfernt. Simon ist ein braungebrannter Pferdeschwanzträger chinesischer Abstammung und seit diesem Moment mein Kumpel. Zusammen mit seinem Freund Fausi sitzen wir auf Holzbänken im Geographer Café, einer der bei Einheimischen und Besuchern beliebtesten Bars. Simon und Fausi stellen kurz klar, ob ich auch hungrig genug bin, dann greifen sie nach der Speisekarte und winken eine Bedienung heran. Zehn Minuten später landen randvolle Teller vor uns – mit Lontong Nasi Empit, einer milden Suppe, Nasi Goreng, einem aus Indonesien importierten Gericht aus gebratenem Reis mit Gemüse, Chicken Satay und extra Huhnfleisch-Spießen. Dazu gibt es Ingwer-Bier, das ich zum ersten und letzten Mal trinke. „Du musst essen!“, feuert mich Simon an, als ich langsam schlapp mache und das süß-saure Bier das Ganze auch nicht mehr runterspült.
Am Nachmittag spazieren wir durch die Altstadt von Malakka und bleiben ständig an Garküchen stehen – trotz meines Protests. Simon stopft mir erbarmungslos eine Handvoll Poh Piah in den Mund, eine Crêpe-artige Masse mit einer Füllung aus Ingwer und Sojabohnenkeimen. Dem folgt Ondeh-Onden, eine süße Masse aus Klebereis mit Kokosnusspalmen-Zucker, die sich sofort an Gaumen und Zähne heftet. Zwei ältere Frauen sitzen an einem Tisch auf der Straße und rollen die Bällchen, die sie dann in einen Topf mit kochendem Wasser werfen.
Bevor ich am nächsten Tag weiter nach Kuala Lumpur fahre, steht natürlich noch eine weitere Runde Makan auf dem Programm. Diesmal bringt mich Simon in ein typisches Nyonya Restaurant, wobei „Nyonya“ die kulturelle Mischung aus chinesischen, malaysischen und anderen Einflüssen bedeutet. Obwohl mein Magen vom Vortag noch im Training ist, kündigt er nach den ersten drei Speisen einen ernsthaften Streik an. Vor mir landen Teller mit Nyonya Chap Chye, einem Gemüsegericht, Lemak Udang mit Ananas, Pie Tee, einem dünnen Teig mit einer Füllung aus Krabben und Gemüse und Nyonya scharfe Gurke. Als Nachtisch folgen Kuih Koci, malaysische Knödel mit sonderbarer blauer Farbe, Durian Apom Balik, eine Art Pfannkuchen aus Durian, und Cendol. Cendol wird zu meiner malaysischen Leib- und Magenspeise: Eine Mischung aus Kokosnussmilch mit Geleenudeln, feinen Eisstückchen und Palmenzucker.
Makan zum Zweiten
In Kuala Lumpur besuche ich eine langjährige Freundin und muslimische Malaysierin, Mid, und treffe meine frühere Brieffreundin Syl Fyn, die wie Simon chinesischer Abstammung ist. Zu Teenagerzeiten flogen viele dicke Briefumschläge zwischen Deutschland und Malaysia hin und her, später wurden daraus Facebook-Nachrichten, und nun stehe ich persönlich vor ihr und ihrem Mann Ian. Als hätten sie sich mit Simon abgesprochen, führen mich die beiden zum großen Central Market, direkt neben Kuala Lumpurs Chinatown, und zu einem ihrer Lieblingsrestaurants im Inneren. Wir hetzen durch Reihen von Verkaufsständen mit Textilien aller Art, Batik, Kunsthandwerk und kitschigen Souvenirs. „Ich sterbe vor Hunger“, ächzt Sylf, als wir uns an einem Tisch niederlassen, in dessen Mitte ein Plastikständer die Aufschrift ‚press for service‘ trägt und darunter Knöpfe für ‚Kellner‘, ‚Rechnung‘ und ‚Wasser‘. Ich bin beeindruckt. Ian drückt ‚Kellner‘, und der Mann erscheint eine halbe Minute später. Wie ich es mittlerweile gewohnt bin, habe ich bei der Bestellung nichts zu sagen. Kurz darauf ist der Tisch übersät mit Omelette, bläulichem Reis mit Huhn-Curry, Rindfleischsuppe, grünem Bohnensalat und einer weichen Masse in einem Bananenblatt, die Sylf so schnell in sich hineinscheppt, dass ich kaum zum Probieren komme. Als Nachtisch gönne ich mir wieder Cendol.
Beim Essen planen wir den kommenden Abend, an dem wir mit Mid und ihren Freundinnen sowie Simon zusammen essen möchten. Ein Ausdruck von Panik breitet sich auf Sylfs Gesicht aus, als ich sage, dass Mid und ihre Freundinnen muslimisch sind. „Essen sie etwa nur in Halal Restaurants?“ Dies seien speziell für Muslime konzipierte Restaurants, in denen Schweinefleisch nicht serviert werde. „Für uns ist es immer ein Problem“, gibt Sylf zu, „mit Muslimen auszugehen, weil viele nur Halal essen.“
Makan zum Dritten
Sobald es dunkel ist, geht es mit Sylf, Ian und Simon auf zur Chinatown. Obwohl ich noch vom Mittagessen voll bin, sind die drei sich einig: Ich muss ein typisch malaysisches Steamboat probieren. Das Wort lässt mich an einen Flussdampfer denken, dabei bezeichnet der Name eine Art Fondue malaysischer Art. „Man kann es im Restaurant essen oder auf der Straße“, erklärt mir Simon. Wir entscheiden uns für die Straße und setzen uns an einen Metalltisch mit einem großen Loch in der Mitte. Der Verkäufer eilt hinter seinem Stand hervor, steckt einen Topf ins Loch und fordert uns auf, an seinem Stand zuzuschlagen. Unmengen von Spießen bedecken die Auslage – mit Gemüse, Pilzen, Knödeln, Huhnfleisch, Rindfleisch, Schweinefleisch, Krabben und nicht zuletzt: ganzen, nackten Fröschen. Zu meinem Entsetzen packt Simon einen der Froschspieße auf unseren Teller.
Bald brodelt das Wasser in dem Topf vor uns, erhitzt von einer verdeckten Flamme im unteren Tischteil. Wir stecken möglichst viele Spieße in die klare Brühe. Der Frosch kommt zum Glück schon in kleine Teile zerhackt vor uns. „Du musst das probieren!“ Simon hält mir ein Stück vor den Mund, bis ich ihn aufmache, zum großen Vergnügen von Sylf und Ian. Ich habe schon Schlimmeres gegessen – das Vieh schmeckt wie Huhn. Wir essen, bis sich selbst meine essensfanatischen Freunde die Bäuche halten und dem Makan abschwören. Danach lassen wir den Abend in einer kleinen Bar ausklingen, in die auch Mid und zwei Freundinnen von ihr kommen. Sie legen mir sofort ans Herz, was ich in Georgetown auf der Insel Penang, ihrer Heimat, essen soll, das als eines der kulinarischen Eldorados Malaysias gilt. Ich bin froh, als das Thema Essen fürs Erste abgehandelt ist und sich die drei, Sylf, Ian und Simon in angeregte, fröhliche Gespräche vertiefen. Im Takt mit meinem langsam verdauenden Magen werden meine Augen schwer, doch anstatt sie zu schließen, sehe ich in die Runde. Und fühle mich satt. Gesättigt von Malaysias kulinarischer Vielfalt und glücklich über die ebenso multiethnische Vielfalt an meinem Tisch.