Tacos, Tortilla und Tortas: 5 Tage auf einem mexikanischen Markt

Tacos, Tortilla und Tortas: 5 Tage auf einem mexikanischen Markt

Im Herzen Tepoztláns liegt sein Markt, gleich neben dem Zócalo. Unter den bunten Plastikplanen der Essensstände findet man alles, was die mexikanische Küche zu bieten hat. Der Markt duftet, ist wuselig und laut – typisch Mexiko eben. Wie sieht eine kulinarische Woche auf dem Markt aus? Ich habe den Test gemacht.

Food

  • Kulinarische Mexiko-Woche

    Jeden Tag esse ich auf dem Markt in Tepoztlán eine andere mexikanische Spezialität. ¡Vamos!

Freitag: Cecina

Letzter Tag meiner kulinarischen Reise durch den Markt. Was bei jedem Ausflug nach Tepoztlán auf der Speisekarte stehen muss, ist die regionaltypische Cecina – das ist luftgetrocknetes gepökeltes Rindfleisch in dünnen Scheiben. Ich entscheide mich für den Stand „Antojitos Mayre“ – bieten sie doch laut einer Freundin die leckerste aller Tamarinden-Salsas an, und ebenso leckere Cecina. Diese gibt’s entweder als Taco auf einer Maistortilla oder als „Platillo“: Auf dem Teller werden neben dem Rindfleisch Reis, Bohnenmus, Nopales (das Fleisch der Kakteenart Opuntie), Avocado und Tomaten serviert. Da ich total auf die vielfältigen Beilagen stehe, muss es für mich der „Platillo“ sein – Tortillas gibt´s sowieso obendrauf. Dazu bestelle ich ein Wasser aus der Hibiskusblüte, „Agua de Jamaica“. Auch „Antojitos Mayre“ fahren eine schöne Auswahl an Salsas auf: Tamarinde, Ananas, Mango, Chile de Árbol, Erdnuss und Salsa Verde. Die dünnen Cecina-Scheiben sind zart und saftig, würzig im Geschmack und nicht zu salzig. Die Nopales sind recht geschmacksneutral, leicht säuerlich, ihre besondere Eigenschaft ist die merkwürdig schleimige Konsistenz, ähnlich den Okraschoten. Ich wähle letztendlich doch die Taco-Variante. Nachdem ich alle Beilagen ausprobiert habe, wird alles in eine Tortilla geschmissen und mit nicht zu wenig der Tamarinden-Salsa versehen. Hier fällt der typisch süß-säuerliche, herbe Geschmack der Tamarinde weniger süß aus, was mir sehr gefällt, und außerdem ist diese Tamarinden-Salsa viel schärfer als die bisher gekosteten. In meinem Mund brennt es wie Hölle, Schweiß tritt aus allen Poren, ich atme mehrmals tief und fest durch. Auch das „Agua de Jamaica“ schafft keine Abhilfe. Macht aber nix, manchmal muss es wehtun. Und meiner Freundin gebe ich recht: Das ist wirklich die leckerste Tamarinden-Salsa des Marktes.


Kostenpunkt: 65 Pesos (3,30 Euro)


Die vielfältige tepoztlanische Küche ist berühmt für noch so viele weitere Köstlichkeiten und ihre besonderen Geschmacksvarianten. Gorditas, Tlacoyos, Sopes, Huaraches, Tamales, Enchiladas, Mole de pepita verde, Rompope und vieles mehr passten diese Woche einfach nicht mehr in meinen Magen. Auch die Chapulines nicht. Aber ich verspreche…bald!

Donnerstag: Chile Relleno

Heute ist der Stand „Morales“ an der Reihe. Ich bestelle Chile Relleno, ein Gericht, das ursprünglich aus der zentralmexikanischen Stadt Puebla kommt. Die panierte Chile Poblano-Schote ist mit dem krümelig-fetaartigen Cotija-Hartkäse gefüllt. Dazu werden Reis und Frijoles, das für Mexiko so typische Bohnenmus, serviert. Es gibt sechs verschiedene Salsas. Die grüne, die rote und die gelbe Ananas-Salsa klotze ich auf Chile Relleno, Reis und Tortilla, denn die Poblano-Chili ist nicht allzu scharf. Der salzige Käse kommt gut mit der würzigen Chili, die Salsas sorgen für eine wahre Geschmacksexplosion. Dazu trinke ich eine Coca Cola: nicht sehr gesund, nicht sehr mexikanisch – oder doch? Mexiko ist das Land mit dem weltweit höchsten Coca-Cola-Verbrauch, weshalb vor drei Jahren eine Steuer auf zuckerhaltige Getränke eingeführt wurde, die erste Wirkung zeigt. Ich frage eine der Señoras des „Morales“ nach der genauen Zusammensetzung der leckeren roten Salsa. „Chapulines mit Chile de Árbol“ lautet ihre Antwort, ich reiße meine Augen weit auf. Nee, oder? Chapulines, die Heuschrecken, vor deren Verzehr ich mich bisher erfolgreich gedrückt habe!? Die drei Verkäuferinnen und ein älterer Señor lachen sich schlapp über meinen erschrocken-angewiderten Gesichtsausdruck und halten mir eine Handvoll der putzigen Tierchen unter die Nase, die Menge, die sich in der Salsa befindet. Hm, schön! Ich muss allerdings zugeben, dass die zu einer Salsa verarbeiteten Chapulines wirklich gut schmecken. Und bin froh, dass ich meine erste Chapulines-Probe – nichts ahnend – hinter mich gebracht habe. Da ich noch nicht ganz satt bin, und vielleicht, um den Schreck besser zu verdauen, bestelle ich noch einen Itacate mit Champignons, viel Crema und geriebenem Käse. Diese dreieckigen Maisfladen sind eine Spezialität Tepoztláns und werden, wie die Quesadillas, mit allen möglichen Belägen von Fleisch über Gemüse bis hin zu Blüten angeboten. Satt und zufrieden zahle ich 70 Pesos (3,50 Euro) und verspreche, das nächste Mal geröstete Chapulines als Imbiss zu kosten.

Mittwoch: Quesadillas

Mein absoluter Lieblingsstand ist „Antojitos Ruth“. Kaum habe ich mich an den Tisch gesetzt, tischt die Besitzerin Ruth eine Quesadilla de Tinga auf und reicht mir die grüne Koriander-Salsa. Denn unter 22 Quesadilla-Sorten und 19 Salsas ist diese Kombination mein Top-Favorit, und da ich den Stand nahezu täglich frequentiere, weiß Doña Ruth das inzwischen. Quesadillas: Das sind Tortillas, die im Original mit Käse gefüllt sind. In Mexiko-Stadt und Umgebung werden sie aber mit den unterschiedlichsten Fleisch- und Gemüsefüllungen gegessen, mit oder ohne Käse. So auch in Tepoztlán bei „Antojitos Ruth“. Hier werden 22 verschiedene Füllungen in blauen Maistortillas angeboten – von Chorizo-Wurst, Picadillo (Hackfleisch mit Gemüse), Kartoffeln, verschiedensten Pilzen über Kürbisblüte, der Blume Flor de Colorín bis hin zu den von den Mexikanern über alles geliebten Chapulines. Die nehme ich wieder nicht. Nach meiner Quesadilla de Tinga (Hühnchenfleisch mit Tomaten-Chipotle-Sauce) bestelle ich noch eine Quesadilla de Flor de Colorín, auch Chompantle genannt, und eine mit Picadillo. Dazu trinke ich eine Horchata (Reismilch mit Zimt). Das Beste aber sind die Saucen! Ich liebe die mexikanischen Salsas! Bei keinem Essen fehlen sie, zumindest die rote und die grüne Salsa sind omnipräsent. Doña Ruth aber bietet 19 Salsas an. Mir wird ganz schwindlig, als sie alle aufzählt. Ich merke, ich habe noch immer nicht von allen gekostet, was ich nun nachhole. Neben den Klassikern wie der Salsa Verde, den superscharfen roten Salsas Chile de Árbol, Chile Habanero und Pasilla sowie meinem Favoriten, der Koriander-Salsa, gibt’s noch: Ananas, Erdnuss, Cranberry, Sesam, Nuss, Hibiskusblüte, Tamarinde, Mango, Karotte, Knoblauch, Pepita (Samen des Kürbis), Macha (scharfe rote Chile de Árbol-Sauce mit Knoblauch und Zwiebeln), Taquera (grüne Tomate mit Jalapeño) und schließlich ein Schüsselchen voller Zwiebeln mit Chili-Streifen. Alle sind aus Chili gemacht, mal höllisch scharf, mal weniger. Man kann die Saucen auch mischen und zwei oder drei in eine Quesadilla kleckern. Je nach Quesadilla-Füllung ist also endloses Experimentieren möglich, verbunden mit einzigartigen Geschmackserlebnissen. Auf dem Tisch stehen noch Reibekäse und Crema (eine Art Crème fraîche, die zu vielen mexikanischen Gerichten gereicht wird) – auch da lange ich kräftig zu. Rundum zufrieden verabschiede ich mich von Doña Ruth mit einem „Hasta mañana“.


Kosten: 60 Pesos (3 Euro)

Dienstag: Ayotquilli und Tlaltequiadas mit Mole

Heute suche ich einen weiteren meiner Lieblingsstände auf: „El Tlecuil“ ist bis über Tepoztláns Grenzen hinaus bekannt für seine prähispanische, größtenteils vegetarische Küche. Schlemmen, wie schon die alten Azteken geschlemmt haben – das will ich heute auch. Ich bestelle „Ayotquilli“. Das entspringt dem Náhuatl und bedeutet Suppe. Diese setzt sich zusammen aus dem Cazahuate-Pilz, der Kürbisblüte und einer Zucchini-Variante. Ich quetsche die obligatorische Limone darüber aus und genieße den intensiven Geschmack. Bei 31 Grad scheint es, die Suppe trete direkt wieder aus meinen Poren. Danach bestelle ich einen der leckeren „Tlaltequiadas“ – das sind kleine Küchlein aus verschiedenen Pflanzen-, Blumen- und Gemüsesorten. Die einzige nicht vegetarische Zutat des Standes sind die „Chapulines“ – Heuschrecken, die geröstet als Imbiss auf den Märkten vor allem in Oaxaca und Morelos angeboten werden. Ich entscheide mich mal wieder gegen die Chapulines, vielleicht finde ich gegen Ende der Woche erstmals den Mut, sie zu probieren. Dafür bestelle ich einen Tlaltequiada aus der Kürbisblüte und Spinat – vor allem der Spinat ist lecker und geschmacksintensiv. Dazu wird Reis, Bohnenmus und Mole serviert – eine typische Sauce der mexikanischen Küche, die aus mindestens 35 Zutaten besteht, darunter Chilis, Gewürze, Nüsse und ungesüßte Schokolade. Je nach Rezept kann die Mole aber auch 75 Zutaten zählen. Es schmeckt sehr lecker und ist wieder mal ein Beweis, dass es nicht unbedingt Fleisch bedarf, um ein Geschmackserlebnis de luxe zu genießen. Dazu trinke ich ein Himbeer-Erdbeer-Guyaba-Wasser, das so gut und erfrischend schmeckt, dass ich noch ein zweites bestelle. Eine Gitarrenspielerin dudelt mir ein mexikanisches Liebeslied in den Nacken, ich will ihr schnell ein paar Pesos zustecken, doch leider finde ich meinen Geldbeutel nicht. Oh nein - ich schlemme hier, ohne einen Peso in der Tasche zu haben! Wir sind ja hier aber in Mexiko, alles kein Problem. Ich sage, ich muss schnell heim, um Geld zu holen. Meine Kamera biete ich als Pfand an, dies wird aber entrüstet abgewiesen. Die zwei Damen des „El Tlecuil“ setzen auf Vertrauen, eine halbe Stunde später überreiche ich ihnen 130 Pesos (6,60 Euro) – recht „teuer“ im Vergleich zu den anderen Ständen. Die prähispanische Küche des „El Tlecuil“ ist es aber wirklich wert, weil einzigartig!

Montag: Torta de Milanesa

Montags geht's auf dem Markt ruhiger zu als am Wochenende, da die meisten Touristen das Dorf wieder verlassen haben. Meine Entscheidung, die kulinarische Woche zu beginnen, fällt auf einen meiner drei Lieblingsstände: "El lugar de siempre" nehme ich wortwörtlich, es ist der Stand, an den es mich häufig verschlägt. Hier gibt´s fast alles, was das Schlemmerherz in Mexiko begehrt, auch gute Schnitzel. Genau danach ist mir heute, ich bestelle eine Torta de Milanesa. Nein, eine Torta ist keine Torte, sondern eine mexikanische Sandwich-Variante. Die beiden riesigen Sesambrötchen-Scheiben beinhalten ein dünnes Schnitzel, Frijoles (Bohnenmus), Käse, Avocado, Tomaten, Zwiebel und Mayonese. Fünf Salsas stehen zur Auswahl, die superscharfe Chile de Árbol-Salsa, eine Avocado-Salsa, eine Ananas-Salsa, die Salsa Verde aus grünen Tomaten und schließlich die exotische Flor de Jamaica-Salsa, eine Sauce aus der Hibiskusblüte, Brombeere und Chile Morita (eine Variante der getrockneten Jalapeño-Chili). Ich entscheide mich für Torta rot-grün: Die Chile de Árbol-Salsa sorgt für die notwendige Schärfe, die Salsa Verde für den Geschmack. Dazu bestelle ich mir ein Kokos-Wasser. Die Torta schmeckt gut, das Brot ist knusprig und gleichzeitig doch schlabbrig und fällt beim Essen auseinander. Ich kämpfe also mit meiner Torta, die Hände bleiben nicht trocken. Das gehört in Mexiko zum Essen dazu, der Servietten-Verbrauch ist wieder mal hoch. Die drei Frauen und der Mann freuen sich, dass ihr Stand in Deutschland Berühmtheit erlangen soll und positionieren sich für ein Foto, auch wenn sie heute noch nicht beim Friseur waren, kichert der Mann. Ich bin satt und zufrieden, verscheuche höflich die letzte fliegende Händlerin, die mir zum dritten Mal Schokolade verkaufen möchte und verspreche, bald wieder zu kommen an meinen "Lugar de siempre".


Kosten: Schlappe 50 Pesos (umgerechnet etwa 2,50 Euro) hat mich der erste kulinarische Genuss dieser Woche gekostet.

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